Während wir in Hikkaduwa die Wellen ritten und unsere Gedanken zwischen Wanderlust und Pflichtbewusstsein schwankten, trafen wir einen Surfer, der uns das Buch “Boarderlines” ans Herz legte. In Deutschland zurück war der Drang nach neuen und unbekannten Surfstories so groß, dass ich das Buch sofort kaufte. Hier teilt der deutsche Autor Andreas Brendt im Surf Interview seine Erfahrungen während seiner zehnjährigen Reise auf der Suche nach der perfekten Welle der Welt.

Ich genoss jede einzelne Seite, berauschend an meinen Gedanken der tropischen Hitze Sri Lankas, seiner gastfreundlichen Einheimischen und noch immer total fasziniert von meinen ersten “richtigen” Surferfahrungen. Gepackt von der Sehnsucht, erweckte das Buch in mir die Frage: “Warum machst du nicht genau das ? …Packst dein Zeug und erkundest die Welt!”. Zig Seiten weiter und mit 100% Lust auf Abenteuer im Bauch sprach ich dem Autor Andreas Brendt mein Kompliment für sein sehr gelungenes Debüt aus.
Im folgenden Blogpost wird Andreas ein paar Fragen beantworten und Euch ein paar Dinge auf den Weg geben. Die erste berühmte Persönlichkeit auf unserem Blog – check! 😉

Du warst 10 Jahre durch die Welt unterwegs, hast unglaublich viel gesehen aber bist sicherlich auch das ein oder andere Mal ins Zweifeln gekommen. An welchem Punkt wurde dir klar, dass aus zwei Monaten Surfen in Bali und Australien eine ganze Weltreise werden würde?

Das ging recht flott. 😉 Vielleicht mit der ersten Waschmaschine beim Versuch auf´s Brett zu springen oder sogar schon am verrückten Flughafen in Den Pasar beim ersten Trip. Dieses Gefühl von Neugierde und Naivität, von Lebendigkeit und Abenteuer, hat mich irgendwie infiziert und als ich dann wieder in Deutschland stand, war klar, dass ich mehr will. Zunächst so viel Reisen und Surfen wie irgend möglich in mein bisheriges Leben einbauen und dann bin ich anders vorgegangen: Und habe mein Leben verändert.

Surf Interview

Beim jahrelangen Reisen sind Höhen und Tiefen vorprogrammiert. Welche war die negativste oder heikelste Situation, die du währenddessen erlebt hast?

Die eine oder andere Nahtoderfahrung in größeren Wellen steht da ganz vorne auf der Liste. Ansonsten war ich natürlich auch mal genervt, wenn mal wieder ein Verkehrsmittel ausgefallen ist und man nach 40 Stunden unterwegs nochmal 5 Stunden mehr warten muss. Oder wenn es furchtbar heiß war in den Tropen oder das Reisefieber mich alleine in einer Hütte am Ende der Welt ans Bett gefesselt hat. Alles in allem sind aber fast nur schöne Sachen passiert. Und das Beste ist: Alles, was nicht so schön war, verwandelt sich nach ein paar Tagen in eine grandiose Geschichte 🙂

Kannst du uns verraten, welches Land es dir während deiner Reise am Meisten angetan hat? Falls du dich entscheiden kannst, welches ist es und aus welchem Grund?

Indonesien und Mexiko. Beide Länder haben super gute Wellen und total liebe Menschen. Ich bin immer voller Dankbarkeit und Bewunderung. Das schöne ist, dass es sich um sehr unterschiedliche Kulturen handelt, so dass es sich, wenn man da im Wechsel hinfliegt, auch immer wieder ein bisschen neu anfühlt.

Surf Interview

Du hast Stunden und Tage auf der Suche nach der perfekten Welle verbracht. Was sind deine Top 3 Surfspots?

Desert Point, Rio Nexpa, Punta Mango. Aber das ist Quatsch, mir fallen sofort noch viel bessere Wellen ein. Ebay, Lakey Peak, Pavones, Frigates Passage, Chicama und dieses Jahr habe ich wieder einen neuen Spot gefunden, der mich völlig begeistert hat. Umso länger ich über die Frage nachdenke, desto schwieriger scheint es, sie zu beantworten – ganz zu schweigen von meiner plötzlichen Lust auf surfen 😉

Reisen und Surfen für solch eine lange Zeit ist nicht jedermanns Sache. Wie kann dies jeder für sich selbst herausfinden, was meinst du? Lieber auf den Kopf oder den Bauch hören?

Meistens scheint der Bauch intelligenter, wenn es um das Glück geht. Der Kopf hat eingetrichterte oder sozialisierte Vorstellungen (Surfen macht Spaß, Reisen ist toll, ein eigenes Haus genial usw. usf.). Ich finde es schwierig herauszufinden, was gerade zu mir spricht. Ist es Kopf, Bauch oder das Herz. Aber ich sage nur Fuck You Happiness. Wir müssen da nichts richtig machen. Leben ist ein Erlebnis aus „richtigen“ und „falschen“ Entscheidungen. Eine Spielwiese zum herumexperimentieren und lernen. Wir sind so viel freier als wir denken. Wir dürfen ein total langweiliges oder normales Leben führen und beobachten uns darin. Oder wir lassen heute alles stehen und liegen, um im Himalaya in einer Höhle zu leben. Oder was dazwischen. Ich glaube nicht mehr, das der eine oder der andere Weg besser ist.

Ein paar letzte Worte an alle daheimgebliebenen Angsthasen sowie abenteuerlustigen Reiseverrückten…

Do one thing every day that scares you.
Lade einen Fremden auf der Straße zum Kaffee ein. Schlafe zwei Tage durch, während die geilste Party läuft und paddele in eine Welle, die dir Angst einjagt. Spiel mit deiner Komfortzone, deinen Ängsten, deinen Schwächen und den vielleicht nur ausgedachten Wünschen. Allerdings gibt es auch Getriebene, die immer zu viel tun, zu viel erleben wollen. Denen täte etwas Ruhe so gut, wie anderen der Tritt in den Allerwertesten. Ich schwanke zwischen den beiden Extremen. Manchmal zu viel, manchmal recht gemächlich 🙂
Ich glaube, das Leben ist NICHT wie eine Zitrone, die man auspressen muss, aus der man alles herausholen sollte. Eher wie ein Meer, in dem man sich treiben lassen kann. (Schöner formuliert findet man das in dem Weltklasse Buch von Tino Hanekamp: Sowas von da)

Vielen Dank für deine Zeit, Andi! 🙂